LG Mühlhausen: Pfändung einer Internetdomain
In seiner Entscheidung vom 13.12.2012 (2 T 222/12) spricht das Gericht die Unpfändbarkeit einer vom Schuldner geschäftlich genutzten Domain aus und würdigt damit deren wirtschaftlichen Eigenwert für ein Unternehmen.
Aus den Gründen: Ausgangspunkt der Entscheidung war ein Vollstreckungsverfahren in welchem die Gläubigerin eine Internetdomain der Schuldnerin durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss pfänden ließ. Die Schuldnerin betrieb unter dieser Domain einen Online-Shop und sicherte so ihren Lebensunterhalt.
Nachdem die Vollstreckungserinnerung der Schuldnerin gegen diese Pfändungsmaßnahme zurückgewiesen worden war, legte diese sofortige Beschwerde ein und begründete diese maßgeblich damit, dass sie mit der Pfändung ein wichtiges Arbeitsmittel verlöre. Ihre Domain habe sich im Geschäftsverkehr durchgesetzt, sei mit vielen Seiten bei Google gelistet und in Katalogen und Zeitschriften abgedruckt. Auch würden die Kunden auf die Seite vertrauen, da sie sie leicht darüber kontaktieren könnten. Zudem hätten einige noch Guthaben auf ihren Kundenkonten, worauf sie dann nicht mehr zugreifen könnten, ebenso Gutscheine und allgemeine Kunden-, Bestelldaten
Dieser Beschwerde half das angerufene Landgericht unter Verweis auf die hier analog anzuwendende Pfändungsschutzvorschrift des § 811 Abs.1 Nr.5 ZPO ab, wonach bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände nicht entzogen werden dürfen.
Zunächst bestätigte das Gericht die mittlerweile etablierte Auffassung, dass Internetdomains als eine Bündelung von Ansprüchen gegen die jeweilige Registrierungsstelle wie andere Forderungen gegen Dritte grundsätzlich auch der Pfändung unterliegen.
Die hier maßgebliche und bisher unterschiedlich beantwortete Frage, unter welchen Umständen eine geschäftlich genutzte Domain dem Pfändungsschutz unterläge, klärte das Gericht jedoch dahingehend, dass Internet-Domains zumindest bei Erwerbstätigen unpfändbar seien, wenn diese in dem unter der Domain betriebenen Unternehmen selbst tätig sind und von diesem Einkommen leben bzw. auch (neben Grundsicherungsleistungen) leben müssen.
Damit entgegnete das Gericht bisher vertretenen Rechtsauffassungen, wonach eine Domain zum Unternehmensbetrieb in der Regel nicht „erforderlich“ sei, da sie durch eine neue ersetzt werden könne und bloße Umsatzeinbußen den Pfändungsschutz nicht legitimieren könnten.
Das Landgericht folgt insoweit der Argumentation der Schuldnerin, dass eine Domain mit viel zeitlichem und wirtschaftlichem Aufwand im Internet – insbesondere für Suchmaschinen – aufgebaut werden muss, um Kunden zu generieren und diese langfristig zu binden.
Dieser Kundenstamm und die von der etablierten Domain ausgehende Werbewirkung gingen mit einem erzwungenen Domainwechsel entweder verloren oder würden zumindest erheblich beschädigt.
Gerade bei kleineren Unternehmen hätte der Wechsel der Domain somit quasi ein Ausscheiden aus dem Markt und den Verlust der Erwerbsgrundlage zur Folge.
Nutzt der Schuldner die Domain hingegen lediglich zur geschäftlichen oder persönlichen Selbstdarstellung, soll die Pfändung weiterhin möglich sein.
Fazit: Die Entscheidung ist zu begrüßen, denn sie reflektiert die Erkenntnis, dass Domains mittlerweile für viele Unternehmen – insbesondere für Onlinehändler bzw. Onlinedienstleister – weitaus mehr sind, als eine beliebige, virtuelle Hausnummer. Vielmehr unterscheiden sie sich je nach Optimierungsaufwand wie ein Geschäft auf der Kö in Düsseldorf von einem Geschäft in Vorortlage. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Platzierung am Markt aus und muss daher auch beim zivilrechtlichen Pfändungsschutz berücksichtigt werden.