OLG Frankfurt zur Haftung einer Verkaufsplattform für Wettbewerbsverletzungen der Händler (Urteil 21.12.2023 – 6 U 154/22 –)
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Betreiber einer Verkaufsplattform, der auf Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften hingewiesen wird, nicht nur die konkreten Angebote entfernen, sondern auch dafür sorgen muss, dass künftige gleichartige Verletzungen verhindert werden.
Gegenstand der Wettbewerbsverletzungen durch Händler auf der Verkaufsplattform war die Missachtung der europäischen Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse. Das OLG Frankfurt stellt fest, dass die europäischen Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse, die die Verwendung des Wortes „Milch“ für rein pflanzliche Produkte verbieten, Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 3a UWG sind und einen spürbaren Einfluss auf die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern haben. Dies begründete die Wettbewerbsverstöße der Händler nach UWG.
Das OLG Frankfurt verneint zwar zunächst, dass der Plattformbetreiber als Täter, Teilnehmer oder Störer für die Wettbewerbsverstöße der Drittanbieter dahingehend haftet, dass er eine aktive Rolle bei der Verbreitung der rechtswidrigen Informationen einnähme. Insofern griffen die Voraussetzungen einer Haftungsbefreiung nach § 10 TMG bzw. Art. 6 DAS.
Das OLG stellt jedoch fest, dass der Plattformbetreiber seiner wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht als Host-Provider nicht genügt hat, indem er trotz vorhergehenden Hinweises des Klägers nicht effektiv dafür gesorgt hat, dass gleichartige Verstöße beseitigt und verhindert werden. Dabei hat das Gericht eine Abwägung aller betroffenen Interessen und rechtlichen Wertungen vorgenommen. Im Ergebnis bejaht das Gericht mithin eine eigene Täterschaft der Plattform infolge wettbewerbsrechtlicher Verkehrssicherungspflichtverletzung.
Schließlich prüft das OLG noch die Haftung der Plattform für die Empfehlung „Amazon’s Choice für Reismilch“ und sieht darin keinen täterschaftlichen Verstoß gegen die europäischen Bezeichnungsvorschriften, da der Verkehr erkennt, dass nur das vom Nutzer eingegebene Suchwort wiedergegeben wird und sich der Plattformbetreiber den Begriff nicht zu Eigen macht.
Fazit: Beachtenswert an dieser Entscheidung ist die sorgfältige Herausarbeitung der Haftungskriterien für wettbewerbsrechtliche Verkehrssicherungspflichten von Plattformen, die zu einer eigenen täterschaftlichen Haftung führen können, wenn Sorgfaltsanforderungen und zumutbare Prüfpflichten in Hinblick auf Rechtsverstöße durch Plattformnutzer nicht beachtet werden. Insoweit besteht ein gewisser Gleichlauf zur Störerhaftung.