Urheberrechtlicher Schutz von KI-generierten Inhalten und die Verletzung fremder Schutzrechte durch diese
Eine Kurzbetrachtung anhand von Textgeneratoren wie ChatGPT

Das deutsche Urheberrecht schützt unter anderem Sprachwerke (§ 2 Abs.2 Nr.1 UrhG) als persönlich geistige Schöpfungen, sofern diese ein gewisses Mindestmaß an schöpferischer Höhe erreichen. Dies wird in der Regel bejaht für alle sinnstiftenden Texte, sofern sich diese nicht auf kurze Äußerungen beschränken, ein gewisses Maß an individueller Gestaltung hinsichtlich Struktur, Formulierung /oder inhaltlicher Auswahl aufweisen und nicht aus funktionalen Gründen zwingenden Vorgaben entsprechen.

A.

Betrachtet man die Komplexität der Textergebnisse von KI-Generatoren erscheinen vorgenannte Kriterien meistens erfüllt zu sein und man darf sich zurecht fragen, ob denn diese Ergebnisse dann nicht auch urheberrechtlich zugunsten desjenigen Nutzers geschützt sind, welcher die KI-Textgenerierung durch seine Eingabe angestoßen hat.

Da sich die KI fraglos auch an vorbestehenden Sprachwerken bekannter und unbekannter Autoren bedient, stellt sich auf der anderen Seite gleich die nächste Frage – nämlich, ob die KI bzw. ihr Anwender im konkreten Fall bei Auswertung dieser geschützten Texte nicht die Rechte Dritter verletzt.

1.

Zunächst bedarf es einer urheberrechtlichen Schöpfung, worunter zumindest etwas subjektiv „Neues“ zu verstehen ist, mithin ein sinnstiftender Text, welcher so noch nicht da gewesen ist. Diesen Schöpfungsbegriff erfüllen auch Texte, welche sich an vorbestehende Texte anlehnen, ja diese möglicherweise sogar partiell verarbeiten, sofern dennoch nach Struktur, Wortwahl und /oder Zusammenstellung der vorhandenen Texte etwas schöpferisch Neues entsteht. Dass ein Textgenerator wie ChatGPT regelmäßig etwas „Neues“ in diesem Sinne kreiert steht außer Frage.

Auch am fehlenden menschlichen Schöpfer müsste man sich auf den ersten Blick juristisch nicht stoßen, da der europäische Schöpfungsbegriff eine Beschränkung auf menschliche Schöpfer nicht vorsieht. Jedoch verlangt § 2 UrhG eine „persönliche geistige Schöpfung“ und damit letztlich doch eine menschlich Leistung. Zwar kann sich der Mensch dabei auch technischer / maschineller / digitaler Werkzeuge bedienen, jedoch darf er diesen Werkzeugen nicht die Schöpfung selbst überlassen. Im Output der Technik muss sich der schöpferische Input des Menschen wiederfinden lassen.

Somit gilt, dass sich die schöpferische Eigenart und Prägung aus welcher der eingegebene Text (im Falle von Textgeneratoren) seinen Schutz herleitet genauso im Ergebnis der KI wiedererkennen lassen muss. Dann aber ist im Ergebnis nicht die Leistung der KI geschützt, sondern die des menschlichen Veranlassers bzw. Verwenders der KI-Anwendung. Soweit die KI im Rahmen ihrer Algorithmen diese schöpferische Eingabe selbst „kreativ“ verändert / ergänzt oder ausschmückt kann sie für diese Abwandlung wiederum keinen Schutz beanspruchen, da auch solche schutzfähigen Bearbeitungen eines Ausgangswerks i.S.d. § 3 UrhG eine „persönliche“ Schöpfung voraussetzen.

Zwischenergebnis: Die von KI selbst erbrachten sprachlichen Leistungen können nach geltender Gesetzes- und Rechtslage nicht urheberrechtlich geschützt sein. Die schöpferisch kreativen Eingaben der Nutzer in die KI dürften eher selten vorkommen und für den Verfasser nur insoweit von Interesse sein, als sie besonders werthaltige Ergebnisse der KI erzeugen könnten, die nur durch wortgetreue Eingabe wiederholt werden könnten.

2.

In der Fachliteratur wird überdies über einen Leistungsschutz für KI-generierte Texte als Datenbankwerk i.S.d. §§ 87a ff UrhG diskutiert. Dies dürfte jedoch aus mehreren Rechtsgründen, etwa dem fehlenden selbständigen Informationsgehalt einzelner Wörter oder Wortgruppen aus dem Text, abzulehnen sein.

3.

Als problematisch könnte sich künftig herausstellen, dass der Veranlasser der Texterstellung durch KI durch wahrheitswidrige Nennung seiner Person als Urheber die Urhebervermutung nach § 10 Abs.1 UrhG  und hierdurch eine Beweislastumkehr auslösen könnte, die dazu führt, dass der in Anspruch genommene Nutzer/Verwerter des Textes seinerseits die Schutzlosigkeit des Textes infolge einer reinen KI-Erstellung beweisen müsste. Das dürft ihm selbst unter äußersten Anstrengungen kaum gelingen. Hierdurch würde im Verfahren ein Urheberrechtsschutz für KI-generierte Texte letztlich zumindest für solche Texte gelingen, die die nötige Schöpfungshöhe aufweisen.

B.

Wie ist nun die spiegelbildliche Frage zu beantworten, ob und wie es auch zur Verletzung fremder Schutzrechte durch die KI-Textgenerierung kommen kann?

Denkbar ist dies immer dann, wenn die KI bereits vorhandene von Menschen erschaffene Texte identisch oder zumindest hochgradig ähnlich in ihren generierten Texten (mit)ausgibt.

Hierdurch betroffen können insbesondere die Recht der Vervielfältigung (§ 16 UrhG), der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG und in Form der Bearbeitung nach § 23 UrhG) , sowie die Urheberpersönlichkeitsrechte der Urheberbenennung (§ 13 UrhG) und der Entstellung (§ 14 UrhG) sein.

Das Vervielfältigungsrecht dürfte regelmäßig betroffen sein, da auch die vorübergehende Fixierung des KI-Textes auf dem Bildschirm und damit im Arbeitsspeicher eine urheberrechtsrelevante Vervielfältigung darstellt. Die Schrankenregelung des § 44a UrhG kommt nicht zur Anwendung, denn die Vervielfältigung selbst ist der Zweck und nicht eine andere hierdurch ermöglichte legitime Nutzung des fremden Textes.

Der Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung wird wiederum entgegenzuhalten sein, dass gerade nicht die kodierte Fassung des Originalwerks zum Abruf bereit gehalten wird, da ja der Text erst durch die Generierung selbst entsteht, und dass es zudem an der Öffentlichkeit fehlen wird, wenn der Text nur auf Anlass und zur Lektüre durch den Nutzer des Sprachgenerators erzeugt wird.

Die Verletzung bezieht sich bei Sprachwerken zunächst vorrangig auf die Form der Sprache, mithin auf Stilistik, Wortwahl, Ausdruck, Gliederung und Anordnung etc. . Bei rein fiktionalen Werken ist ferner auch der Inhalt, etwa die Geschichte und die Bestandteile ihrer erfundenen Welt (Orte, Subjekte, Objekte etc.), geschützt, sodass eine Urheberrechtsverletzung auch durch Übernahme von Elementen aus Film-, Bild- und Multimediawerken (z.B. Computerspiel) verursacht werden kann.

Die Grundsätze der versehentlichen und erlaubten „Doppelschöpfung“ können jedoch nicht zugunsten des KI-Nutzers geltend gemacht werden, da zwar tatsächlich ein eigener Schaffensprozess ohne Verwendung eines im KI-Generator vorgespeicherten Ausgangswerkes stattfindet, jedoch gleichwohl in der Regel eine Anlehnung des KI-Schaffensprozesses an das vorhandene Textmaterial vorliegen wird.

Die Zurechnung der Rechtsverletzung zulasten des Nutzers der KI und damit dessen Haftung wird problemlos möglich sein, während eine Mithaftung des Betreibers der KI-Software nach den Grundsätzen der Störerhaftung oder nach dem UrhDaG noch zu klären ist.

Bei rein privater Nutzung der KI-Texte dürfte jedoch regelmäßig die gesetzliche Schranke der Vervielfältigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch des § 53 UrhG zugunsten des Nutzers eingreifen.

Ebenso denkbar wären erlaubte Nutzungen, wenn die Ausgabe des KI-Generators eine Parodie oder ein Pastiche ist.