OLG Nürnberg – Drastische Herabsetzung des Streitwertes bei Abmahnungen wegen der privaten Verwendung von Lichtbildern.

Das OLG Nürnberg (Beschluss v. 4.2.2013 – 3 W 81/13) hat eine wegweisende Entscheidung zur Festsetzung von Streitwerten bei Unterlassungsansprüchen wegen unerlaubter, urheberrechtswidriger Verwendung von Lichtbildern (hier: Produktbilder) im Internet getroffen, die sich in die jüngste Entscheidungspraxis zu Abmahnungen wegen unerlaubter Verwendung von Lichtbildern im Privatbereich einfügt und die Kostenrisiken für die Anspruchsgegner weiter reduziert.

Dem Rechtsstreit lag ein Sachverhalt zugrunde, wonach ein Ebay-Käufer zum Weiterverkauf seiner Ware ohne Genehmigung Produktfotografien verwendete, welche der vormalige Verkäufer gefertigt und zur Bewerbung der Kaufsache auf der Plattform veröffentlicht hatte.

Nach übereinstimmender Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens stritten die Parteien über den für die Verfahrenskosten maßgeblichen Streitwert.

Das Gericht reduzierte dabei den Streitwertansatz des Klägers von insgesamt 9.000 € (je 3000,- € pro Bild) auf lediglich 900 € (je 300 € pro Bild) und begründete dies damit, dass für die nach § 3 ZPO vorzunehmende Streitwertbemessung auf die Kriterien der wirtschaftlichen Bedeutung des Unterlassungsanspruchs für den Rechteinhaber einerseits und den sogenannten Angriffsfaktor, d. h. die Art und Weise der Rechtsverletzung, abzustellen sei.

Auf dieser Grundlage entschied das Gericht, dass bei einer privaten Verwendung von Produktfotos im Internet die Höhe des Streitwertes dem doppelten Wert der Gebühr entsprechen solle, welche der Rechteinhaber bei hypothetischer Lizensierung des /der Bildes(r) an einen Abnehmer hätte realisieren können.

Da diese Lizenzgebühr mit 150 € angegeben worden war, berechnete sich der Streitwert folglich auf 300 €.

Bewertung: Diese Entscheidung könnte nicht nur für die Abmahnpraxis im Bereich der unerlaubten Fotografien, sondern auch im Bereich anderer Schutzrechte zu einer neuen Rechtsprechungstendenz führen und somit erhebliche praktische Veränderungen bewirken.

Denn die Attraktivität der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen, sei es wegen Filesharing oder wegen „Bilderklau“, ergibt sich aus dem Zusammenspiel einer relativ eindeutigen Rechtslage zugunsten der Schutzrechtsinhaber (Label, Fotografen, Texter, Musiker etc.) und den regelmäßig hohen Streitwerten der mit den Abmahnungen verfolgten Unterlassungsansprüche.

Streitwerte von über 5.000 € bis hin zu 20.000 € und mehr pro Verletzungsfall führen zu erstattungsfähigen Anwaltskosten zwischen 400 € und 840 €. Im Massengeschäft addiert sich das zu beträchtlichen Summen, welche zwischen Rechteinhaber und ihren Rechtsvertretern (zu hier unbekannten Quoten) verteilt werden.

Ein Streitwert von 300 € lohnt die anwaltliche Abmahnung hingegen kaum noch.

Kombiniert man diese Rechtsprechung mit der des OLG Braunschweig (v. 08.02.2012 – 2 U 7/11), wonach die fiktiven Lizenzgebühren für private Gebrauchsfotos in Ermangelung eines Lizenzmarktes mit kaum mehr als 20 € pro Bild zu taxieren seien, so wird mittelfristig zumindest den rein kostenorientierten Abmahnungen der Nährboden entzogen werden.

Hier zeigt sich, dass es für interessenausgleichende Lösungen zwischen Rechteinhabern und -verletzern keiner neuen Vorschriften, sondern lediglich einer sauberen Rechtsanwendung durch die Gerichte bedarf.